Gublers Blog

Bei einem unserer Overlander-Treffen in Cartegena kam Kolumbiens erstes „Overland Fest“ ins Gespräch. Es sollte von da an in etwa sechs Wochen in Puerto Berrio stattfinden. Warum sollten wir nicht alle wieder zusammenkommen und daran teilnehmen? Schliesslich gab es Freikarten für Ausländer. Wir stimmten alle begeistert zu und meldeten uns an.

Wir konnten nicht ahnen, dass es von diesem Moment an sehr hektisch für uns werden würde. Da es sich um das erste Overland-Festival des Landes handelte, gab es viel Werbung. Den Organisatoren wurde schnell klar, dass wir eine Familie sind, die seit drei Jahren unterwegs waren, und sie wollten uns auf ‚Sendung‘ bringen. Wir wurden zu einem Interview für das nationale Radio eingeladen, aber um dabei zu sein, mussten wir 1600 km nach Medellin reisen und hatten nur zwei Wochen Zeit, um dorthin zu gelangen. Wir sagten trotzdem zu!

Die kolumbianische Karibikküste liessen wir uns dennoch nicht entgehen und stellten sicher, dass wir zunächst etwas Zeit in Santa Marta verbrachten.

Unsere Route führte uns durch Barranquilla, Shakiras Heimatstadt. Die berühmteste Popsängerin Lateinamerikas war an diesem Tag zwar nicht anwesend, aber wir fanden einen Schlosser, der uns einen Schlüssel für unsere Dachbox nachmachen konnte. Notiz an mich selbst: Versuche nie eine Flasche Bier mit einem Schlüssel zu öffnen! Es war eine ziemliche Herausforderung, den Schlüssel nachzubilden, da beim Öffnen der Flasche ein wichtiges Bestandteil abgebrochen ist und verloren ging. Aber diese Meister geben nicht auf und zwei Cafe Tintos später (wir fanden schnell heraus, dass dieser kleine Plastikbecher mit schwarzem Kaffee tatsächlich der Lieblingsdrink Kolumbiens ist), konnten wir mit Zugang zu unserer Winterausrüstung losfahren.

… Allerdings brauchten wir die Skijacken aus der Dachbox in Santa Marta nicht! Mensch, war diese Strecke heiss und feucht! Die Bucht war atemberaubend und wir gesellten uns zu den Schnorchlern in dieses ruhige, türkisfarbene, warme Wasser.

Auf dem Weg nach Süden war unser nächster Stopp ein ‚Balneario‘ in der Nähe von Aguachica. Dies war unsere erste Begegnung mit den äusserst neugierigen und gastfreundlichen Kolumbianern. Es ging einfach nicht, nur eine Nacht bei diesem Schwimmbad zu verbringen! Sie hatten ihre eigene Agenda für uns. „Für Sancocho müsst ihr noch einen Tag bleiben!“ Sie bestanden darauf.

Sancocho wird in ganz Kolumbien traditionell sonntags gegessen. Die Sancocho-Köche sind stolz auf die „biologische“ Art der Zubereitung des Gerichts. Normalerweise wird das Huhn selbst geschlachtet, gerupft, gehäutet und in eine sehr aromatische Brühe aus frischem Gemüse gegeben.

Für Richie war es ein hektischer Morgen, bei dem er mit dem Motorrad in die Stadt fuhr, um die Produkte zu holen, und sich anschliessend um die lebenden Vögel kümmerte. Am frühen Nachmittag war die Suppe fertig und wurde verschlungen. Es war sehr lecker!

Die Party hatte jedoch gerade erst begonnen, und das ganze Dorf strömte herbei, um sich in den Pools zu erfrischen. DJ Dany kam ebenfalls mit seinen Decks und wir wurden mehrmals aufgefordert, ins Mikrofon zu sprechen. Das war nachdem wir etliche Male unser Wohnmobil gezeigt hatten. Wir europäischen Touristen waren an diesem Wochenende definitiv das Highlight dieses Dorfes.

Die Musik wurde lauter und eine Flasche Sambuca wurde durch die Menge gereicht- kein Wunder sprangen bald Gäste mit Kleidern in den Pool! Ein gewöhnlicher Sonntagnachmittag 😉

Am nächsten Morgen bereiteten unsere Gastgeber fit und munter, Frühstück vor und stellten uns weitere ihrer Nachbarn vor. Es war wirklich Zeit für uns, weiterzuziehen und nachdem wir Nummern ausgetauscht und der WhatsApp-Gruppe „Extranjero“ (Ausländer) beigetreten waren, fuhren wir weiter nach Playa de Belén.

Der Gebirgspass auf der Strecke war eine Augenweide und die vielen Hütten am Strassenrand, in denen ganze Schweine kopfüber hingen, luden uns auf jeden Fall dazu ein, auf einen Snack vorbeizuschauen. Wir füllten unsere Taschen mit Chicharrón, Costillas und anderen Schweinefleischstücken und warfen einen Blick auf die Schweinchen im Garten hinter dem Haus. Es ist wirklich lustig, wie Strassen mitten im Nirgendwo von kleinen Kiosken gesäumt sind, die jeweils das Gleiche verkaufen- vielleicht wuchsen an diesen steilen Hängen viele Eichelbäume!

Nun, von einem atemberaubenden Ausblick zum nächsten war es Zeit, die raue Landschaft von Playa de Belén zu geniessen. Die Kulisse dieses malerischen und verschlafenen Dorfes versetzte uns in eine andere Welt. Erodierte und verwitterte Felsformationen aus braunem Stein ragten in den Himmel, während Bauern sich mit Vieh und Karren um ihre steilen Maisfelder kümmerten.

…und der Nationalpark ‚Los Estoraques‘ mit seinen Säulen und Höhlen verstärkte die Ehrfurcht und das Staunen nur noch mehr. Nachdem wir in einer sternenklaren Nacht auf dem Parkplatz campiert hatten, spazierten wir einsam durch das 6 Quadratkilometer grosse Schutzgebiet, wobei nur unsere Echos von den Wänden reflektiert wurden. Laut der Information an der Eintrittskasse war diese Szenerie die Inspiration für den kolumbianischen Disney-Film „Encanto“, und zufällig erfuhren wir von alledem am Morgen, nachdem wir den Film zum ersten Mal gesehen hatten!

Die E45 führte uns nach Westen in Richtung Medellin, wobei wir unterwegs an einigen Tankstellen übernachteten. Unser Ziel sollte ein bei Reisenden beliebter Campingplatz hoch über der Stadt sein; ‚Al Bosque‘ in Santa Elena.

Wir umfuhren die Stadt grossräumig, immer schön nach GoogleMaps Anweisungen, hatten aber nicht mit dem Adrenalinfaktor gerechnet, der gratis dazukam! Wir hatten immer gesagt, dass diese Navigations-Apps einige zusätzliche Filter vertragen könnten, zum Beispiel das Weglassen von Routen, die für 4 Meter hohe Wagen unpassierbar sind. Aber an diesem Tag wäre ein Warnschild ‚Achterbahn-Hügel, versuchen Sie es nicht‘ nett gewesen. Diese Strasse von der Copacabana hinauf war der Wahnsinn! Wahnsinnig steil jedenfalls und mit einer Menge Gegenverkehr. Die Strasse war zu schmal, um zu wenden, und wir hatten keine andere Wahl, als weiterzufahren- und ernteten unterwegs viele erstaunte Blicke.

Jemand mit einem dieser Gesichter war Germán @experiencia.travel. Er fuhr völlig verwundert hinter uns her und musste anhalten, als wir oben angekommen waren, um herauszufinden, wer diese verrückten Reisenden waren. Nachdem er erklärt hatte, dass er in all seinen 40 Jahren, die er in Medellin lebte, noch nie zuvor ein solches Fahrzeug diese Passstrasse passieren sah, lud er uns ein, auf seinem Grundstück zu übernachten. Er lebte selber in der Gegend von Santa Elena, hatte eine Cabaña, die wir nutzen konnten, und würde uns zur Verfügung stehen, um uns die Gegend zu zeigen und als Reiseführer zu fungieren.

Selbstverständlich stimmten wir zu und zwei Wochen später umarmten wir die ganze erweiterte Familie, und hatten vor, noch einmal zurückzukehren, bevor wir nach Ecuador aufbrachen.

Während dieser zwei Wochen konnten wir Medellin’s fortschrittliches Seilbahn- und U-Bahn-Netzwerk erleben, uns den Pendlern der Stadt sowohl auf der Schiene als auch auf der Strasse anschliessen, etwas über die unruhige Vergangenheit der Kommune 13 erfahren und den kreativen Ausdruck ihrer heutigen Bewohner geniessen (wir empfehlen auf jeden Fall die Graffiti-Tour), das Regierungsviertel besuchen und uns auf den Weg in ein schickes Einkaufszentrum machen.

Wir probierten Coca-Blätter auf dem Hippie-Markt von Santa Elena (die gegen die Höhenkrankheit wirken sollen), nahmen an den Abendkursen des örtlichen Schwimmbads teil und assen uns durch viele Arepas. Tatsächlich sind die Antioqueños sehr stolz auf ihre regionale Küche. Germán liess uns Chunchurria (gebratene Schweinedärme), Murcía (mit Reis gefüllte Blutwurst), Buñuelos (mit Käse gefüllte Krapfenbällchen) und sein eigenes Sancocho probieren.

Wir machten zwar das Radiointerview, aber es stellte sich heraus, dass wir dafür gar nicht ins Studio mussten. Richie hat es am Telefon hinbekommen, und das alles auf Spanisch. Er muss erfolgreich gewesen sein, denn am nächsten Tag erschienen wir in vier Automagazinen!

Ja, es war Zeit, zum Overland Fest zu gehen. Unsere Zeit mit Germán, Elena und ihrer erweiterten Familie hatte uns aus unserer sprachlichen Komfortzone gedrängt. Anstatt mit einigen unserer Overlander-Freunde auf dem geplanten Campingplatz ‚Al Bosque‘ zu chillen, tauchten wir völlig in die kolumbianische Kultur ein, unterhielten uns jeden Tag auf Spanisch und lernten Land und Leute aus erster Hand kennen. Germán und Elena waren mehr als gastfreundlich, widmeten ihre ganze Zeit ihren ausländischen Gästen und erfüllten alle unsere Wünsche. Sie schafften es sogar, ihren Freund Cesar rechtzeitig vor unserer Abreise mit der Gestaltung einer ‚Outdoor-Küche‘ für uns zu beauftragen. Der Tisch sitzt bequem an der Aussenseite unseres Wohnmobils und schwenkt aus, wenn wir ihn benutzen möchten. Eine wunderbar praktische Ergänzung für unser Zuhause auf Rädern.

Also, voll ausgestattet zum Kochen, machten wir uns auf den Weg, mit einem kurzen Glacé-Stopp in Santorini, Doradal (das eher wie ein griechisches Dorf als wie ein kolumbianisches aussah) und einer Übernachtung in Rio Claro.

Während der Regenzeit (die uns knapp bevorstand) war der Fluss tendenziell trüber als klar, aber trotzdem genossen wir eine friedliche Nacht und ein Bad im Wasser am nächsten Morgen, spielten am Sandstrand und sahen zu, wie sich die mit Touristen gefüllten Flosse anbahnten. Dieses Gebiet mit seinen umliegenden Schluchten bietet viele wilde Abenteuer für alle, die den Nervenkitzel suchen. Wir hätten uns auf jeden Fall eine Rafting-Tour gewünscht, aber da die Zeit knapp wurde und 1000 Leute auf uns warteten, mussten wir uns das einfach für unsere Rückkehr aufsparen.

Danke für’s Lesen und we’ll ‚meat‘ you guys around the world!

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